„Haben oder Sein“ - es geht um zwei entgegengesetzte Tendenzen, nach denen seine Weltanschauung auszurichten jeder von uns die freie Wahl hat.


Erich Fromm hat ein sehr lesenswertes Buch mit diesem Titel geschrieben - einige meiner Gedanken sind sicherlich davon inspiriert, aber auch mein christlicher Glaube prägt den eigenen Standpunkt, und nicht zuletzt die vielen „Beobachtungen“, die ich Tag für Tag im Freundes- und Bekanntenkreis anstellen kann und muß (Manchmal empfinde ich es beinahe wie einen Fluch, ständig meine Wahrnehmungen zu reflektieren, aber es unterliegt offenbar nicht meiner bewußten Kontrolle, derartige Gedanken anzustellen.).


Das Christentum - so wie ich es verstehe - bezieht hier eine ganz eindeutige Position: Die Lebensweise des „Sein“ ist gut, die Lebensweise des „Haben“ ist böse. Dieser Aufsatz soll aber keine Predigt werden, vielmehr geht es mir darum, ein paar Gründe und Hinweise zu nennen, weshalb die „Sein“-Ausrichtung ganz praktische Vorteile bietet und unseren Alltags-Angelegenheiten genau so förderlich ist wie unserem Seelenheil. (Es scheint mir übrigens allgemein ein weit verbreitetes Mißverständnis unter Menschen, die der Religion ablehnend oder desinteressiert gegenüberstehen, daß diese primär auf ein „Jenseits“ ausgerichtet sei zulasten des Entfaltungs-Spielraums im „Diesseits“. ).


Die „Haben“-Lebensweise räumt dem (persönlichen) Besitz einen relativ hohen Stellenwert ein. Es gilt viel und ist deshalb ein gerechtfertigtes Ziel menschlichen Strebens, sich (nicht zwangsläufig materiellen) Besitz zu verschaffen. Von der ungeheuren Popularität dieser Einstellung in unserer westlichen Zivilisation zeugen die allermeisten Reklamen (z.B. „Mein Haus, mein Sportwagen, meine Jacht, mein Pferd“) ebenso wie die vielen Besucher-„Counter“ auf den Webseiten im Internet. Eine direkte Folge dieses „Besitzdenkens“ ist die (evtl. nicht immer bewußte) Bewertung durch den „Mehr haben“-Vergleich. Wenn Besitz tatsächlich einen von mir als positiv akzeptierten Wert darstellt, bedeutet „mehr haben“ als der andere auch „mehr wert sein“. Den meisten Arbeitgebern ist diese Kausalität offenbar bekannt - sie untersagen ihren Angestellten vertraglich, sich untereinander über die Gehälter zu informieren.